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Von Kaminen und ihrem Rauch

Wenn man in der Winterszeit von der Ziegelhütte gegen das Dorf hinunter spaziert, sieht man noch aus vereinzelten alten Häusern Rauch aufsteigen. Bei genauerem Hinsehen bemerkt man auch die verschiedenartigen, zum Teil originellen "Chämihüet" auf den qualmenden Kaminen.

Als Rauch oder "Huusrauch" bezeichnete man früher nicht die Abluft der Heizung, sondern die Feuerstelle im Haus. Nur derjenige, der "einen eigenen Rauch" sein eigen nannte, galt nach den dörflichen Rechtsvorschriften des Mittelalters, den sogenannten Offnungen, als vollwertiger Bürger.

Kehlhof SchwamendingenIn der Offnung des Dorfes Schwamendingen aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts sind zum ersten Mal die Pflichten und Rechte der Dorfgenossen und des Stiftes "St Felix und Regula zum Grossen Münster zu Zürich" in deutscher Sprache aufgezeichnet worden. Entsprechende Vorschriften in lateinischer Sprache gab es schon in der "Statuta antiqua praeposit. Turicensis" des Grossmünsterprobstes Rudolf von Wartinsee mit Datum des 27. März 1346.

In der deutsche Fassung findet sich folgende Bestimmung: "... item ein iekliche hofstatt git dem vogt ze vasnacht ein huon von der fürstatt ..".
Das heisst, dass jeder Schwamendinger mit eigener Feuerstelle dem Vogt von Kyburg zur Fasnachtszeit ein Huhn abzuliefern hatte.
Weiter heisst es: ".. item es git ein iekliche hofstatt, da husroekke inn ist ze Swamendingen jaerlich einem probst ze vasnacht ein vasnachtshuon ...".
Auch der Grossmünsterprobst wolte also von jedem Schwamendinger mit eigenem "Huusrauch" ein Huhn.

Eine weitere Vorschrift bezieht sich auf die Besoldung des Dorfweibels, lateinisch "lucarius" genannt. Auch dieser erhielt einen Teil seiner Entlöhnung in Naturalien, diesmal zu Weihnachten, wie folgende Bestimmung zeigt:
".. item ein ieglicher der ein fürstatt hat git im (ihm) ein brot am helgen abend ze wienacht .."

Schon diese kleine Auswahl lässt erkennen, dass der Begriff des "eigenen Rauches" für unsere Vorfahren weit mehr bedeutete als eine profane Kochgelegenheit und ein Wärmespender. Dies mag ein (vielleicht unbewusster) Grund sein, weshalb heute noch Wohnungen mit eigener Feuerstelle und Rauchabzug (Cheminées) besonders begehrt sind.

Der Ausdruck "Rauch" ging auch in die Umgangssprache ein als Bezeichnung für besonderen Stolz oder Hochmut. Es hiess im Glattal: "Dä mues jetz dänn vor luuter Rauch no es Chämi ha". Über die sprichwörtliche Sparsamkeit der alten Schwamendiger berichteten böse Zungen: "Sie lönd nüt zum Huus us als de Rauch - und dä nöd emal gärn". Heute ist das natürlich ganz anders..

© Erika Munz

 

Im Dachgeschoss unseres Museums finden sich zahlreiche Objekte aus dem häuslichen Leben und Wirken der hiesigen Bevölkerung.

 

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